Bruno kann nicht schlafen

Es war ein gewöhnlicher Tag im Wald. Für Bruno, den jungen Bären, begann er mit der Ankunft des Herbstes. Es zwitscherten noch einige Vögel, die noch nicht zum Überwintern in den Süden gezogen waren. Sie saßen auf den Ästen der Bäume um Brunos Bärenhöhle und sangen ihre Lieder. Doch während die anderen Tiere im Wald das Vogelgezwitscher genossen, fand Bruno es eher störend. Für Bruno wurde es Zeit, sich auf seinen Winterschlaf vorzubereiten und da konnte er dieses Gezwitscher nun wirklich nicht brauchen.

„Könnt ihr nicht mal für einen Moment den Schnabel halten?“, brummte Bruno leicht verärgert, während er sich in seiner Höhle umdrehte und versuchte, einzuschlafen. Er drehte sich von einer Seite auf die andere, aber es wollte ihm einfach nicht gelingen einzuschlafen. Dabei hatte er sich so ein gemütliches Bett aus Blättern und trockenem Gras gebaut. Darin hätte man doch eigentlich sehr gut schlafen können.

Aber die Vögel waren nicht das einzige Problem. Ein Maulwurf begann unter der Erde zu graben und verursachte ein ständiges Klopfen, das Brunos Ruhe weiter störte.

„Könntest du bitte aufhören zu graben? Ich versuche zu schlafen!“, rief Bruno dem Maulwurf zu. Aber der Maulwurf konnte Bruno wohl nicht hören und grub munter weiter.

Zu allem Überfluss bekam Bruno nun auch noch Besuch von anderen Tieren im Wald. Ein neugieriges Reh mit großen Kulleraugen kam vorbei, gefolgt von einer Gruppe frecher Wildschwein-Frischlinge, die den ganzen Tag herumtollten und quiekten. Und da war dann auch noch der witzige Hase, der immer einen lustigen Spruch auf den Lippen hatte.
„Naaa Bruno, du alte Schlafmütze, willst du wieder den ganzen Winter verschlafen?“, rief er ihm mit seiner piepsigen Stimme zu. „Na klar“, brummte Bruno leicht verärgert, „das ist bei Bären so. Die halten alle Winterschlaf, damit sie in dieser Zeit keine Hasen fressen müssen.“ Dabei musste er leicht grinsen, bemühte sich aber, dem Hasen das nicht zu zeigen. Der Hase erschrak bei diesen Worten und piepste „Üjüjüj, da mach ich mich aber lieber aus dem Staub, sonst lande ich noch bei deinen Vorräten für den Winter.“ Schnell verschwand er wieder im Wald und versteckte sich unter einem großen Haufen Laub.

Aber da waren auch Tiere, die wussten nichts vom Winterschlaf der Bären. Sie waren besorgt und fragten Bruno, ob etwas mit ihm nicht stimmte. Bruno seufzte und antwortete mit einem Schmunzeln: „Nein, ich kann einfach nur nicht einschlafen, wenn ihr ständig hier auftaucht und Lärm macht!“

Die Besucher waren etwas beleidigt, aber sie blieben trotzdem. Da Bruno ja doch nicht schlafen konnte, erzählte er den Besuchern seine Erlebnisse vom letzten Sommer. Er setzte sich auf und erzählte ihnen von seinen Abenteuern im Wald, wie er mit Schmetterlingen Fangen spielte und sich im Wildbach erfrischte, während er nach leckeren Fischen tauchte. Er berichtete ihnen auch von dem Versteckspiel, das er mit dem schlauen Fuchs gespielt hatte. Das war lustig und Bruno erzählte, dass er ziemlich lange brauchte, bis er den Fuchs in seinem Versteck gefunden hatte.
Als es langsam dunkel wurde, gingen die Tiere nach Hause. Sie verabschiedeten sich von Bruno, bedankten sich für die tollen Geschichten und wünschten ihm einen schönen Winterschlaf.

Jedes Mal, wenn Bruno versuchte einzuschlafen, erinnerte er sich an diese wundervollen Erlebnisse. Er versuchte, sich zu entspannen und langsam in einen tiefen Schlaf zu gleiten, aber es wollte ihm nicht gelingen. Immer wieder kamen ihm die tollen Abenteuer in den Sinn. Der arme Bruno lag mit offenen Augen in seinem gemütlichen Blätterbett und starrte die Decke seiner Höhle an.

Das konnte so nicht weitergehen. Bruno stand auf und machte einige Spaziergänge in seinem Wald.  Während dieser Spaziergänge bemerkte Bruno jedoch, wie sich die Natur veränderte. Die Blätter der Bäume verwandelten sich von saftigem Grün in leuchtende Rottöne, warme Gelbtöne und in ein kräftiges Rot. Das Laub begann zu verwelken und sanft von den Ästen zu fallen.

Bruno konnte nicht anders, als die Veränderungen im Wald zu bewundern. Er beobachtete, wie die idyllische Atmosphäre sich langsam wandelte, während der Herbst Einzug hielt.
Doch etwas fehlte. Die Schmetterlinge waren verschwunden. Bruno vermisste ihre bunten Flügel, die einst den Himmel über dem Wald schmückten.

Durch seine Spaziergänge wurde Bruno immer müder. Eines Abends, als Bruno wieder in seine Höhle zurückkehrte und versuchte einzuschlafen, kam ihm eine Idee. Anstatt wie die Menschen Schafe zu zählen, um einzuschlafen, begann Bruno springende Lachse an einem Wildbach zu zählen.
„Ein Lachs, zwei Lachse, drei Lachse ….“, flüsterte Bruno leise vor sich hin. Die Vorstellung der springenden Lachse brachte ihm ein Lächeln auf die Lippen und half ihm, sich in einen friedlichen Schlaf zu wiegen.

So endete die Geschichte von Bruno, dem jungen Braunbären, der seinen alljährlichen Winterschlaf hielt. Durch seine Abenteuer im Sommer und den heiteren Gesprächen mit den anderen Tieren, die ihn in seiner Höhle besuchten, hatte er gelernt, dass es im Wald immer etwas zu entdecken gab, selbst wenn man versuchte einzuschlafen. Und während er in den Schlaf glitt, begleitet von den springenden Lachsen in seiner Vorstellung, konnte Bruno sich auf den kommenden Frühling freuen, wenn die Schmetterlinge wieder zurückkehren würden.

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