Mimi war eine
wunderschöne kleine, weiße Katze mit hellblauen Augen. Sie gehörte niemandem und war das, was man allgemein eine Streunerin nennt. Sie war eine verträumte Katze und hatte viel Spaß an der Natur. Mimi liebte Blumen und jedes Mal, wenn sie in den Gärten ihres Ortes eine sah, lief sie hin und schnupperte daran. Dann sah es so aus, als huschte ein Lächeln über ihr hübsches Gesicht.
Die kleine Mimi war jedoch anders als die anderen Katzen in ihrer Nachbarschaft, denn Mimi war gehörlos und konnte die Geräusche der Welt um sie herum nicht hören. Dafür hatte sie aber eine sehr gute Nase und sie konnte auch sehr gut sehen.
Mimi hatte leider kaum Freunde
und war sehr einsam. Das machte sie oft traurig und sie verzog sich dann in ein kleines Gartenhäuschen, das auf einem Grundstück stand. Es gehörte einer Familie, die dort vor einiger Zeit ein Haus gekauft hatte. Die Familie hatte auch zwei Kinder, aber leider hatte sie keine Tiere.
Allerdings gab es in der Nachbarschaft und in der näheren Umgebung einige Tiere. Da waren zum Beispiel der Hund Ben, der Kater Jonas und die Krähe Klara. Gerne wäre Mimi mit den anderen Tieren zusammen gewesen oder hätte mit ihnen gespielt, aber diese Tiere waren nicht nett zu Mimi. Immer wieder wurde sie von den anderen gemobbt.
Jonas und Ben
machten sich oft über Mimis Gehörlosigkeit lustig und jagten sie durch die Gärten und Straßen. Die Krähe Klara flog öfters von hinten an Mimi heran und erschreckte sie oder zwickte sie mit dem Schnabel in die Ohren. Manchmal schlichen auch Ben und Jonas sich von hinten an und bissen sie in ihren Schwanz.
Mimi fühlte sich oft einsam
und traurig, da sie keine Freunde hatte, mit denen sie etwas Schönes unternehmen und auf die sie sich verlassen konnte. Eines Tages, als sie in dem kleinen Gartenhaus saß und sich vor ihren Peinigern versteckte, sah sie eine Gruppe Kinder, die in der Nähe spielten. Vorsichtig traute Mimi sich ein wenig aus ihrem Versteck und schlich geduckt in Richtung der Kinder. Dabei erkannte sie ein Mädchen, das etwas abseits von der Gruppe alleine spielte. Mimi schlich vorsichtig weiter und bemerkte dabei nicht, dass hinter ihr bereits Jonas, Ben und die schwarze Krähe nur darauf warteten, sie von hinten wieder zu attackieren und zu zanken. Die Krähe Klara war als Erste bei Mimi, flog ganz dicht über sie und erschreckte sie. Mimi sprang mit allen Vieren in die Luft und drehte sich dabei nach hinten. Da bemerkte sie Jonas, der von hinten herangestürmt kam und sie in den Schwanz biss. Mimi schrie laut auf, denn der Biss hatte sehr weh getan.
Zum Glück hatte das kleine Mädchen, das etwas abseits der Anderen spielte, gesehen hatte, was die anderen Tiere mit der kleinen Katze machten. Es wusste sofort, dass sie helfen musste, lief zu der Katze hinüber und verscheuchte die Krähe und die beiden anderen Gesellen.
Mimi war völlig verstört
und zitterte am ganzen Leib. Das kleine Mädchen beugte sich zu Mimi herunter und streichelte sie über den Kopf und den Rücken. Das war sehr beruhigend für die kleine Mimi und sie schnurrte leise. Mimi wusste nicht, dass das Mädchen, das übrigens Anna hieß, ihr Schnurren nicht hören konnte, denn auch Anna war taub.
Die Beiden spielten eine Weile miteinander und weil Anna wusste, wie es war, in einer Welt zu leben, in der man nichts hört, merkte sie sehr schnell, dass Mimi auch nichts hören konnte. Mimi achtete immer darauf, wie Anna sich bewegte und was ihre Hände machten. So konnten die Beiden sich etwas verständigen.
Es war Freundschaft
auf den ersten Blick und nun wollte Anna ihrer neuen Freundin etwas zu essen geben. Sie lief ins Haus und holte etwas Käse aus dem Kühlschrank. Anna mochte Käse sehr gerne und dachte sich, was ich mag, das mag Mimi sicher auch. Als sie wieder raus wollte, saß Mimi schon vor der Haustür und wartete. Anna gab der Katze ein kleines Stück von dem Käse und Mimi nahm es gerne an. Als sie es aufgegessen hatte, hob sie die Pfote und zeigte Anna damit, dass sie noch mehr wollte. Natürlich gab Anna ihr auch den Rest von der Käsescheibe. So spielten Anna und Mimi noch eine Zeit lang auf der Treppe vor dem Haus.
Annas Mutter
hatte die Beiden die ganze Zeit vom Küchenfenster aus beobachtet und war von Annas Mitgefühl und Fürsorge für Mimi beeindruckt. Sie wusste ja, dass Anna oft alleine war und die anderen Kinder nicht gerne mit ihr spielten. Für normalhörende Kinder ist es oft nicht leicht, sich mit gehörlosen Kindern zu beschäftigen. Die Verständigung untereinander ist leider ziemlich schwer, denn die Hörenden können meistens keine Gebärdensprache. Das ist die Sprache, mit der sich gehörlose Menschen über Handzeichen gut verständigen können.
Als Annas Mutter sah, wie die Beiden miteinander spielten und schmusten, kam sie auch raus. Anna erschrak leicht, weil sie nicht wusste, wie ihre Mutter auf die Katze reagiert. Aber Mama lächelte und machte Anna über Gebärden verständlich, dass sie es toll findet, wie sich Anna um Mimi kümmerte. Anna fasste nun ihren ganzen Mut zusammen und fragte ihre Mutter, ob sie Mimi behalten dürfe. Zu Annas großem Erstaunen stimmte Mama dem Wunsch zu. Sie machte allerdings zur Bedingung, dass Papa auch damit einverstanden ist und, dass Mimi das auch selbst will.
In den nächsten Tagen
schlief Mimi jede Nacht in dem kleinen Gartenhäuschen und setzte sich am nächsten Morgen auf die Treppe vor dem Haus, in dem Anna wohnte und wartete auf sie. Anna freute sich riesig und wusste von da an, dass auch Mimi bei ihr bleiben wollte.
Jonas, Ben und die Krähe Klara merkten, dass Mimi jetzt nicht mehr alleine und verwundbar war, und beschlossen, sie in Ruhe zu lassen. Mimi hatte endlich das Glück gefunden, das sie verdiente, und konnte nun in Frieden und Sicherheit leben, umgeben von der Liebe ihrer neuen Familie.

